- Rotationsrheometer
Rheometer mit einer teilweise axial rotierenden Geometrie sind
in der labormäßigen Untersuchung die verbreitendsten
Rheometersysteme. Aber auch für prozeßbegleitende Untersuchungen
als auch zur In-Line- und On-Line-Messung sind diese Systeme geeignet.
Generell können dabei Systeme mit einfacher und komplexer
Strömung unterschieden werden. Letztere können in Form
der indexer schnelle Aussagen zu rheologischen Größen
liefern, lassen jedoch aufgrund der komplexen Strömungsformen
ohne Kalibrierung keine direkten Rückschlüsse auf rheologische
Stoffgrößen zu. Systeme mit einfacher, mathematisch
zu beschreibender, Strömung lassen eine direkte Ableitung
der rheologischen Werte zu. Dabei sind universelle und spezialisierte
Systeme zu unterscheiden.Prinzipiell sind in dieser Kategorie
die exzentrisch rotierenden Geometrien, die eine Erfassung von
dynamischen Größen bei stationärer Rotation ermöglichen,
zu nennen. Mit der Weiterentwicklung der dynamischen Untersuchungsmöglichkeiten
an normalen Rotationsrheometer, verschwanden die exzentrischen
Geometrien jedoch vom Markt und werden heute nicht mehr angeboten.

Universalrotationsrheometer
sind allgemein gekennzeichnet durch:
- Einsatz verschiedener Meßgeometrien (Koaxiale Zylinder,
Platte-Platte, Kegel-Platte, u.s.w.)
- Weite Untersuchungs- bzw. Meßbereiche
- Möglichkeit zu statischen und dynamischen Untersuchungen
(Kriechversuche, Relaxationsversuche, Oszillationsmessung)
- Messung von Normalkräften bzw. -spannungen
- Automatischer Korrektur von Spaltweite und Trägheit
des Meßsystems
- Computerunterstützte Steuerung und Auswertung
Einige Universalsysteme bieten zusätzlich die Möglichkeiten
zu:
- Schergeschwindigkeits- und scherspannungsgesteuerte Betriebsweise
(Physika, Reologica
Instruments AB)
- Optische Beobachtung (Bohlin)
- Dehnungsuntersuchungen
- Paralleler thermischer Analyse

Kegel-Platte-Rheometer
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- Meßprinzip: Die Probe befindet sich einem Scherspalt
zwischen einem sehr flachen Kegel und einer koaxialen Platte.
Durch die Wahl des Kegelwinkels wird eine gleichmäßige
Schergeschwindigkeitsverteilung im Meßspalt erzeugt. Die
Steuerung erfolgt über Drehzahl (CSR) oder Drehmoment (CSS).
Gemessen werden entsprechend Drehzahl bzw. Drehmoment. Durch
Kraftaufnehmer an der Antriebswelle bzw. an der Kegelunterseite
kann eine Ableitung der Normalspannungen erfolgen.
- Standards: DIN 53018, ISO 3210
- Vorteile :
- homogene Schergeschwindigkeitsverteilung
- Gute Meßbarkeit von Normalspannungen und dynamischen
Größen
- Nachteile :
- Austreten von Meßsubstanz aus dem Meßspalt (edge
failure) möglich
- Exakte Kalibrierung und Meßspaltsteuerung notwendig
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Platte-Platte-Rheometer
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- Meßprinzip: Die Meßflüssigkeit befindet
sich zwischen zwei koaxialen, kreisrunden Platten, von denen
eine rotiert. Die Deformationsgeschwindigkeit ist im Gegensatz
zum Kegel-Platte-System nicht konstant, sondern steigt von der
Mitte nach außen an (Inhomogene Deformation). Messung bzw.
Steuerung erfolgt über Drehmoment bzw. Drehzahl.
- Standards: DIN 53018, ISO 3210
- Vorteile:
- Einstellung der Schergeschwindigkeiten durch Änderung
von Meßspalthöhe und Rotationsgeschwindigkeit möglich
- Gute Meßbarkeit von Normalspannungsdifferenzen und
dynamischen Größen
- Nachteile:
- Austreten von Meßsubstanz aus dem Meßspalt (edge
failure) möglich
- Exakte Kalibrierung und Meßspaltsteuerung notwendig
- Inhomogene Schergeschwindigkeitsverteilung
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Koaxiale Zylinder
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Meßprinzip: Die Probe wird in einem Meßspalt
zwischen zwei koaxialen Zylindern deformiert, von denen einer
rotiert und so eine Couette-Strömung erzeugt. Die Steuerung
erfolgt entweder über die Drehzahl (Schergeschwindigkeitsgesteuert,
CSR) des Innenzylinders (Searl-System) bzw. des Außenzylinders
(Couette-System) oder über das Drehmoment (Scherspannungsgesteuert,
CSS). Meßgrößen sind Drehzahl und Drehmoment.
Standards: DIN 53019, ISO 3219, DIN 54453 (Doppelspalt)
Vorteile :
- Hohe Schergeschwindigkeiten möglich
- Homogene Schergeschwindigkeitsverteilung
- weniger empfindlich gegenüber Sedimentationserscheinungen
in Suspensionen
Nachteile :
- Endeffekte mit notwendiger Korrektur
- Entstehung von Taylorwirbeln möglich (Searl-Typ)
- Exakte Kalibrierung und Meßspaltsteuerung notwendig
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Rotierende indexer
Bei rotierenden indexern wird meist eine rotierendende Geometrie
in einem großen Reservoir der zu messenden Flüssigkeit
eingebracht. Die komplexe Strömungsform läßt ohne
Kalibrierung nur eine Abschätzung der stationären Viskosität
zu. Meist kommen Scheiben (Brookfield-Viskometer, Mooney-Scherscheibenviskometer)
oder Blattrührer (Rotating Vane) zum Einsatz. Prinzipiell
kann jedoch jedes Rührergeometrie nach Kalibrierung genutzt
werden, sofern das Rührwerk eine Drehmomenten- und Drehzahlmessung
(bzw. Steuerung) zuläßt.
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- Meßprinzip: Ein Rührelement wird mit einer
vorgegebenen Drehzahl in einem Reservoir der Meßflüssigkeit
in eine Rotationsbewegung versetzt. Der dazu erforderliche Kraftaufwand
wird in Form des Drehmomentes ermittelt und ist proportional
der Fluidviskosität. Durch Eichkurven kann eine Zuordnung
von gemessenem Drehmoment und Viskosität erfolgen.
- Vorteile :
- Geringer Preis
- Gute Homogenität der Probe durch Mischwirkung
- Aufbau, Bedienung, Messung und Reinigung unkompliziert
- Nachteile :
- Komplizierte Strömungsform erfordert Kalibrierung für
genauere Messungen
- Wenig Möglichkeiten zur Ermittlung komplexer rheologischer
Größen
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Fallrheometer
Fall- bzw. Rollviskometer basieren auf der Messung der Sink-
bzw. Rollgeschwindigkeit eines Meßkörpers in der zu
untersuchenden Flüssigkeit. Der Sinkvorgang wird von der
Geometrie des Meßkörpers bzw. des Meßgefäßes,
dem Dichteunterschied zwischen Meßkörper und Fluid
sowie der Viskosität des Fluids beeinflußt. Zur Ableitung
der Viskosität muß daher die Dichte des Fluids bekannt
sein. Die Strömung im Fallrheometer ist insbesondere durch
die ausgelöste Rückströmung des Fluids inhomogen
und schwer zu beschreiben. Daher ist in jedem Fall eine Kalibrierung
sinnvoll. Diesen Nachteilen stehen der sehr einfache Aufbau und
die Möglichkeiten zur Messung bei hohen Temperaturen und
Drücken als Vorteile gegenüber.
Kugelfallviskometer
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- Meßprinzip: Es wird die stationäre Sinkgeschwindigkeit
eines Meßkörpers (Kugel, Zylinder, Nadel) in einem
Reservoir der Meßflüssigkeit bestimmt. Nach dem Start
der Kugel erfolgt die Beschleunigung bis zur stationären
Geschwindigkeit. Danach wird über eine definierte Meßstrecke
die Zeit der Fallbewegung ermittelt und daraus die Sinkgeschwindigkeit
abgeleitet. Über die Stokes-Gleichung kann dann bei bekannten
Dichten die Viskosität abgeleitet werden.
- Standards: DIN 53015, ISO 12058
- Vorteile :
- Geringer Preis, einfacher Aufbau
- großer Meß- und Untersuchungsbereich
- Nachteile :
- Komplizierte Strömungsform erfordert Kalibrierung für
genauere Messungen
- Dichte der Meßsubstanz muß bekannt sein
- Keine Messung bei undurchsichtigen Medien möglich
- Nur stationäre Scherviskosität bestimmbar
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Viskowaage
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- Meßprinzip: Eine Kugel taucht in die Meßflüssigkeit
und ist mit einer Waage verbunden, an deren anderer Seite Gewichte
aufgelegt werden. Zu Beginn wird durch Gewichte das scheinbare
Kugelgewicht in der Meßflüssigkeit austariert, so
daß auch Aussagen über die Dichte der Meßflüssigkeit
getroffen werden können. Durch Auflegen verschiedener Gewichte
wird die Kugel dann bescheunigt und die stationäre Steig-
bzw. Sinkgeschwindigkeit über Zeit-und Wegmessung ermittelt.
- Vorteile:
- Geringer Preis, einfache Handhabung
- auch bei undurchsichtigen Proben
- Dichte muß nicht bekannt sein
- Nachteile:
- Kalibrierung für genauere Messungen erforderlich
- Keine Ermittlung dynamischer Größen
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Kugelrollviskometer (Höppler-Viskosimeter)
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- Meßprinzip: Wie Kugelfall, nur statt Sink- wird
Rollgeschwindigkeit ermittelt
- Standard : DIN 53015, ISO 12058
- Vorteile:
- Geringer Preis
- Aufbau, Bedienung, Messung und Reinigung unkompliziert
- Nachteile:
- Komplizierte Strömungsform erfordert Kalibrierung für
genauere Messungen
- Nur stationäre Scherviskosität ermittelbar
- Dichte muß bekannt sein
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Magneto-Viskometer
- Prinzip: Es wird die Geschwindigkeit einer ferromagnetischen
Kugel in einem inhomogenen magnetischen Feld ermittelt
- Vorteile:
- Meßzelle austauschbar und leicht zu reinigen
- Geringes Probenvolumen
- Dichte des Fluids muß nicht bekannt sein
- Nachteile :
- Komplizierte Strömungsform
- Nur Aussagen zur Scherviskosität möglich

Druckrheometer
In Druckrheometern wird eine Strömung der Meßsubstanz
durch eine Druckdifferenz ausgelöst. In der durchströmten
Geometrie wird ein Strömungsprofil erzeugt, welches einer
Scherdeformation (Kapillarströmung) bzw. einer kombinierten
Scher- / Dehnströmung (Düse, Schlitz) entspricht. Die
gemessene Durchflußmenge und Schergeschwindigkeit auf der
einen und gemessener Druckverlust und Schubspannung auf der anderen
Seite stehen dabei in Beziehung und lassen Rückschlüsse
auf rheologische Größen zu.
Kapillarrheometer
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- Meßprinzip: Durch einen Stempel, Druckgas, Schwerkraft
oder eine Pumpe/Extruder wird die Meßflüssigkeit aus
einem Reservoir durch eine enge Kapillare gedrückt. Dabei
bildet sich ein über dem Querschnitt inhomogenes Scherfeld
aus (Hagen-Poiseuille-Strömung bei Newtonschen Fluiden).
Die Dissipation als Folge der viskosen Reibung drückt sich
in einem meßbaren Druckverlust aus, der in Verbindung mit
dem Volumenstrom die Ableitung rheologischer Parameter ermöglicht.
Bei Nichtnewtonschen Fluiden muß das Strömungsprofil,
meist durch iterative Verfahren, zunächst ermittelt werden,
um Aussagen zur Scherdeformation zu erhalten. Durch eine oszillierende
Bewegung des Stempels sind auch dynamische Kennwerte mit einem
Kapillarrheometer ableitbar.
- Vorteile:
- Hohe Scherrate möglich
- Abgeschlosses, luftdichtes Meßsystem
- Prozeßnahe Meßströmung bei Rohrtransport
- Nachteile:
- Nichtnewtonsche Medien erfordern komplizierte, teilweise
iterative Korrekturverfahren der Meßwerte
- Korrekturen hinsichtlich Ein-und Auslaufdruckverlusten und
Wandgleiten notwendig
- nur qualitative Erfassung der Normalspannung
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Schlitzrheometer
- Meßprinzip: Im Gegensatz zum Kapillarrheometer
wird hier ein flacher, rechteckiger Kanal durchflossen.
- Vorteile:
- Bei Nutzung von Druckaufnehmern im Kanal keine Korrektur
der Eindruckverluste notwendig und simultane Ermittlung der Fließkurve
möglich
- Normalspannungsmessung möglich
- Aufbau, Bedienung, Messung und Reinigung unkompliziert
- Nachteile :
- Eckeneffekte bei großen Breite-Höhe-Verhältnissen
- Schwer zu reinigen

Schmelzindex-Prüfgeräte
- Prinzipieller Aufbau: Der prinzipielle Aufbau enspricht
dem des oben dargestellten Kapillarrheometers.
- Meßprinzip: Eine Probe wird mit definierten
Gewichten beaufschlagt und durch eine Querschnittverengung gedrückt.
Das pro Zeiteinheit die Öffnung passierende Volumen (MVI-
Melt Volume Index) oder die Masse (Melt Flow Index) wird gemessen.
Prinzipiell ist eine Abschätzung der Scherviskosität
nach Abzug der Ein- und Auslaufdruckverluste (Bagley-Korrektur)
und von viskoelastischen Effekten möglich
- Standardisiert nach: DIN 53735, ISO 1133
- Vorteile:
- Standardisiertes Meßverfahren
- Schnelle und einfache Versuchsführung
- Berücksichtigung der rheologischen Parameter in einer
Größe
- Nachteile :
- Komplexe Strömung
- Keine direkten Rückschlüsse auf rheologische Größen
möglich

Dehnrheometer
Neben der reinen Scherdeformation treten bei technisch relevanten
Prozessen auch Dehn- und Zugbeanspruchungen des Materials auf.
Das Verhalten bei derartigen Deformationen kann durch Dehnrheometer
beschrieben werden, von denen einige im folgenden beschrieben
werden.
Kombi-Geräte
- Prinzipieller Aufbau: Kombi-Geräte sind sowohl
für Scher- als auch Dehnuntersuchungen geeignet. Im Prinzip
sind sie aus einer Fördereinrichtung (meist Extruder), einer
durchflossenen Kapillare und Elementen zur Erzeugung der Dehndeformation
(Düse oder Einlauf ) aufgebaut. Gemessen werden Druckverluste,
Kräfte und Deformationsgeschwindigkeiten.
- Vorteile:
- Großer meßbarer Viskositätsbereich
- Einfacher Aufbau
- Prozeßnahe Messung
- Nachteile :
- Komplexe Strömung bzw. Deformation (komb. Scher- und
Dehndeformation)

Rheotens-Versuch (Spinn-Versuch)
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- Meßprinzip: Es wird die Abzugskraft einer Schmelze
als Funktion der Abzugsgeschwindigkeit gemessen (Rheotens-Versuch).
Die Deformation entspricht einer uniaxialen Verstreckung (Dehnung)
- Vorteile:
- Simuliert den Prozeß des Fadenspinnens
- Einfache Probenhandhabung
- Nachteile :
- Korrektur hinsichtlich Eintrittsverluste und Schwerkrakt
notwendig
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Einfacher Zug
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- Meßprinzipien: Durch Zugkräfte an den Enden
einer zylindrischen Probe, hier durch die Rotation von Walzen
erzeugt, wird das Probenmaterial uniaxial verstreckt. Die Zugkräfte
in Verbindung mit der Dehnungsgeschwindigkeit (hier Walzenrotation)
geben Aufschluß über die uniaxiale Dehnviskosität.
Zudem können bei Markierung eines Probenabschnittes das
plastische und elastische (reversible Verstreckung) ermittelt
werden.
- Vorteile:
- Homogene Deformation
- Einfacher Aufbau
- Nachteile :
- Hohe Probeviskositäten sind Voraussetzung
- Geringe Deformationsgeschwindigkeiten möglich
- Schwierige Temperierung
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Quetschströmung
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- Meßprinzip: Durch das Zusammendrücken zweier
Zylinder wird eine äquiplanare Dehnung des Materials erzeugt.Aus
erforderlicher Kraft zum Zusammendrücken und Änderung
der Probenhöhe kann die äquibiaxiale Viskosität
abgeleitet werden.Zur Verminderung des Wandreibungseinflusses
wird häufig ein Gleitmittel eingesetzt (Lubricant).
- Vorteile:
- Einfache Probenvorbereitung
- Geringe Deformationen generierbar
- mehrachsige Dehnung
- Nachteile :
- Gleitmittel zur Verminderung des Schereinflusses notwendig
- Probe muß hohe Viskosität besitzen
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Prozeßrheometer
Prozeßrheometer dienen der Erfassung rheologischer Größen
in Prozeßumgebung. Sie sind gekennzeichnet durch eine schnelle
Meßwertbildung und eine geringe Anfälligkeit gegenüber
Verschmutzung und Verschleiß. Eine grobe Einteilung der
Rheometer kann in On-line- und In-Line-Rheometer erfolgen. Während
In-Line-Rheometer direkt vom Produktström durchflossen werden,
nutzen On-Line-Rheometer eine Bypass für die Zuführung
von Probengut. Für Prozeßrheometer werden die verschiedensten
Meßprinzipien eingesetzt. Neben einigen der oben genannten
Verfahren kommen insbesondere auch Vibrationsmethoden zum Einsatz.
Diese erfassen die Dämpfung einer Schwingung durch das Probegut
und sind sehr robust im Aufbau. Nachteilig wirkt sich hier aus,
daß auch die Probendichte bekannt sein muß.